In Deutschland hat jedes Kind mit Vollendung des ersten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Kindertagesstätte. Doch was passiert, wenn die Stadt keine freien Plätze mehr zuweisen kann? Besteht dann für die betroffenen Eltern ein Anrecht auf Schadensersatz?

Anspruch auf Betreuungsplatz

Drei Mütter aus Leipzig wollten ihre Kinder in einer Kindertageseinrichtung unterbringen. Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII hat ein Kind nach Vollendung des ersten Lebensjahres und bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung. Da den Müttern von der Stadt Leipzig jedoch kein Betreuungsplatz für ihre Kinder zugewiesen wurde, legten die drei Frauen Klage ein und forderten einen Schadensersatz für ihren Verdienstausfall. Das Landgericht Leipzig gab der Klage – bei allen drei Prozessen – statt. Hiergegen richtete sich die Berufung der beklagten Stadt.

Verletzung der Amtspflicht

Das Oberlandesgericht Dresden entschied zugunsten der Stadt Leipzig. Zwar habe die Stadt gegen ihre Amtspflicht, den Kindern der Klägerinnen einen Platz in einer Tagesstätte zuzuweisen, verstoßen, jedoch seien die Klägerinnen keine geschützten Dritten dieser Amtspflicht. Der Anspruch auf frühkindliche Förderung beziehe sich ausschließlich auf die Kinder, daher ergebe sich auch kein Individualanspruch der Eltern auf verpasste Gewinne. Im Schutzbereich der Norm lägen ausschließlich Nachteile, die dem Kind aufgrund einer mangelhaften frühkindlichen Förderung widerfahren würden.

Frühkindliche Förderung im Vordergrund

Darüber hinaus führte das Gericht aus, dass das Landgericht bei dem beklagten Land keine schuldhaften Fehler bei der Prognose für die Bedarfsplanung aufzeigen konnte. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei nur eine Nebenerscheinung, im Fokus des Gesetzes stehe allein die frühkindliche Förderung.

  • Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Dresden vom 26.08.2015, AZ: 1 U 319/15, 1 U 320/15, 1 U 321/15