Eine Gemeinschaftspraxis von Hautärzten muss einer Patientin aufgrund eines groben Behandlungsfehlers 100.000 Euro Schmerzensgeld zahlen. Die Frau ist mittlerweile verstorben.

Verfärbter Zehennagel wird falsch behandelt

Eine 1954 geborene Frau suchte im August 2009 eine Gemeinschaftspraxis von Hautärzten auf, da sich ihr Zehennagel nach einer Stoßverletzung blau verfärbt hatte. Der behandelnde Arzt vermutete einen Bluterguss und forderte die Patientin auf, eine Nagelprobe für eine histologische Untersuchung einzureichen. Nachdem einer der beklagten Ärzte der Frau telefonisch mitgeteilt hatte, dass die Untersuchung lediglich eine bakterielle Infektion des Nagels nachgewiesen habe, kam es zu keiner weiteren dermatologischen Behandlung mehr.

Patientin stirbt an Krebserkrankung

Da der Zehennagel nach einem Jahr immer noch verfärbt war, suchte die Patientin einen anderen Arzt auf. Dieser vermutete eine Krebserkrankung und leitete weitere Untersuchungen ein, die seinen Anfangsverdacht schließlich bestätigten. Daraufhin verklagte die Frau die behandelnden Ärzte aus der Gemeinschaftspraxis, weil diese ihre Krebserkrankung nicht rechtzeitig diagnostiziert hatten. Nachdem sowohl ihre Lunge als auch ihre Lymphknoten von Metastasen befallen waren, verstarb die Patientin im Dezember 2013 an den Folgen ihrer Krebserkrankung. Ihr Ehemann führte den Prozess seiner Frau weiter und forderte unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro.

Was hätte der Arzt tun müssen?

Das Oberlandesgericht Hamm entschied zugunsten des Klägers. Auch wenn die Patientin zunächst ihre Stoßverletzung als Grund für die Verfärbung gehalten hatte, hätte der Arzt zusätzlich eine Differenzialdiagnose stellen müssen, um eine Hautkrebserkrankung ausschließen zu können. Weiterhin hätte der Arzt nicht seiner Patientin die Entscheidung überlassen dürfen, an welcher Stelle die Nagelprobe entnommen werden sollte. Auf diese Weise sei die Probe nämlich nicht im Bereich des Melanoms entnommen worden. Da der Beklagte seiner Patientin auch nicht nahegelegt hatte, weitere Untersuchungen durchführen zu lassen, habe er einen groben Behandlungsfehler begangen. Wäre die Krebserkrankung rechtzeitig entdeckt worden, hätte die Frau nach einer Amputation des Zehengrundgliedes eine hypothetische Chance auf eine vollständige Heilung gehabt.

Was versteht man unter einem Behandlungsfehler?

Behandlungsfehler: Was sind Ihre Rechte als Patient?

Wenn Sie sich in ärztliche Behandlung begeben, erwarten Sie zu Recht, dass diese nach den aktuellen fachlichen Standards durchgeführt wird. Was aber, wenn etwas schief geht und Sie einen gesundheitlichen Schaden erleiden? Haben Sie dann Anspruch auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld? Wie können Sie einen Behandlungsfehler nachweisen und welche Fristen müssen Sie beachten? In diesem Blogbeitrag erfahren Sie alles, was Sie zum Thema Behandlungsfehler wissen müssen.

Was ist ein Behandlungsfehler?

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn eine medizinische Behandlung nicht dem allgemein anerkannten fachlichen Standard entspricht, der zur Zeit ihrer Vornahme besteht (§ 630a Abs. 2 BGB). Dabei ist es unerheblich, ob der Fehler auf einem Tun oder Unterlassen beruht. Ein Behandlungsfehler kann sowohl von Ärzten als auch von anderen Angehörigen der Heilberufe, wie z. B. Krankenpflegern, Hebammen oder Psychotherapeuten, begangen werden.

Ein Behandlungsfehler ist grob, wenn der Behandelnde eindeutig gegen bewährte ärztliche Regeln oder gesicherte Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt oder Heilpraktiker schlechterdings nicht unterlaufen darf.

Welche Folgen hat ein Behandlungsfehler?

Ein Behandlungsfehler kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden des Patienten haben. Er kann zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustands, zu Komplikationen, zu dauerhaften Beeinträchtigungen oder sogar zum Tod führen.

Wenn ein Behandlungsfehler vorliegt, kann der Patient Ansprüche gegen den Behandler geltend machen. Diese können sich aus dem Zivilrecht, dem Sozialrecht oder dem Strafrecht ergeben.

Wie können Sie einen Behandlungsfehler nachweisen?

Um einen Behandlungsfehler nachzuweisen, müssen Sie in der Regel ein medizinisches Sachverständigengutachten einholen. Dieses soll klären, ob die Behandlung dem fachlichen Standard entsprochen hat und ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Fehler und dem Schaden besteht.

Sie können sich bei der Einholung eines Gutachtens an verschiedene Stellen wenden:

– Ihre Krankenkasse: Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, ihre Mitglieder bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern kostenlos zu unterstützen. Sie können bei Verdacht auf einen Fehler ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) beauftragen.

– Die Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen der Landesärztekammern: Diese bieten eine außergerichtliche Möglichkeit zur Klärung von Streitfällen aus Behandlungsfehlern an. Sie erstellen ebenfalls Gutachten und versuchen eine gütliche Einigung zwischen den Parteien zu erzielen.

– Ein Gericht: Wenn Sie keine Einigung mit dem Behandler erzielen können oder wenn dieser Ihre Ansprüche bestreitet, können Sie ein gerichtliches Verfahren einleiten. Das Gericht wird dann einen unabhängigen Sachverständigen beauftragen, um den Fall zu begutachten.

Welche Fristen müssen Sie beachten?

Wenn Sie Ansprüche aus einem Behandlungsfehler geltend machen wollen, müssen Sie bestimmte Fristen beachten:

– Die Verjährungsfrist: Diese beträgt grundsätzlich drei Jahre ab dem Schluss des Jahres, in dem Sie von dem Fehler und dem Schaden erfahren haben oder hätten erfahren müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Das bedeutet, dass Sie innerhalb dieser Frist Ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen müssen, sonst verfallen sie.
– Die Ausschlussfrist: Diese gilt für die Inanspruchnahme der Gutachterkommissionen oder Schlichtungsstellen der Landesärztekammern. Sie müssen Ihren Antrag auf Begutachtung innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt stellen, an dem der Fehler begangen wurde (§ 15 Abs. 4 Ärztegesetz). Andernfalls wird Ihr Antrag abgelehnt.

Wie können wir Ihnen helfen?

Wenn Sie glauben, dass Sie Opfer eines Behandlungsfehlers geworden sind, sollten Sie sich an einen erfahrenen Rechtsanwalt wenden. Wir beraten Sie gerne über Ihre rechtlichen Möglichkeiten und unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Kontaktieren Sie uns noch heute für eine kostenlose Ersteinschätzung.

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